In der Werkstatt steht ein sehr schöner Biedermeiersekretär mit durchlaufendem, gefladerten Kirschfurnier zur Bearbeitung. Die Schlüsselschilder sind in Palisander gestaltet.
Am Schubkasten gibt es einen Verweis auf den Tischler, der eine genaue Datierung zulässt.
Leider ist der Sekretär durch starken Gebrauch in seinem Furnierbild sehr beschädigt.
Der über dem Rollbuereau über die ganze Breite laufende Schubkasten war mit einer Abschlußleiste versehen, die Quer zur Maser angeleimt war.
Da der ganze Sekretär mit einem aufrechten Kirschflader durchfurniert ist, wurde die Ästhetik des Möbels durch diese Leiste zerstört.
Sie wurde mit aufrecht laufenden Kirschfurnier, der Maserung angeglichen, auffurniert.
Schaden durch eine Splitterbombe aus dem 2. Weltkrieg. An unauffälligen Stellen in der Rückwand werden diese „Krater“ als Zeugnis geschichtlicher Ereignisse belassen. Sie wurden nur ein wenig geglättet, damit man sich keine Splitter einzieht.
Der Substanzverlust wird durch eine kleine Stäbchenverleimung ausgeglichen und es wird ein Furnier eingesetzt.
Eine Stabilsierung des völlig geworfenen Konstruktionsholzes und das Verstärken der der Laufleisten tragen zu der Erhaltung des wertvollen, alten Möbels bei.
Weiterführende Informationen zur Restaurierung des Sekretäres:
- Beschreibung:
Der Korpus des Sekretärs besteht aus einem Zylinderbureau mit Aufsatz. Das Unterteil besteht aus drei Schubkästen und einem Rollbüro mit Schreibklappe. Das innere Schreibfach gliedert sich in ein offenes Ablagefach, was rechts und linksjeweils von drei Schubfächern gerahmt wird. Der Aufsatz hat rechts und links zwei Schubkästen mit geviertelter Rundung und in der Mitte zwei Ablagefächer, die sich hinter einer Glastür befinden
Durch Aufsatz, Rollbüro und Schubkästen erhält das Möbel eine dreiteilige Gliederung, die durch das durchlaufende, gefladerte Kirschfurnier auf harmonische Weise miteinander verbunden wird. Die Textur des Furniers weist in der Fladerung mit einem dunklerenJahresring eine farbliche Besonderheit auf. Die Schlüsselschilder sind in Peltenform aus Palisander und bilden mit einer umlaufenden Palisanderader an den Schubkästen und am Rollbüro die einzige Unterbrechung im hellen Kirschholz. - Kunsthistorische Einordnung:
Der Sekretär hat eine sehr bewegte Geschichte, die zahlreiche Spuren hinterlassen hat.Einer Bleistiftinschrift an einer Schublade der inneren Fächereinteilung zufolge wurde der Sekretär 1820 von dem Tischler Karl Hörig gebaut und dann in seinem Möbelmagazin veräußert. Diese Möbel waren für aufstrebende Bürgertum bestimmt, eine Gesellschaftsschicht, derim Biedermeier eine significante Rolle zukam. Königin Luise von Preußen hatte mit ihren Interieurs einen ganz neuen Stil geprägt, der den klassizistischen Geschmack noch mehr reduzierte . Das Dekor verschwand bei Möbeln ganz, die architektonische Form und die Schönheit des Holzbildes wurden hervorgehoben. So entstanden wunderbare Möbel, die aussahen wie kleine palladianische Villen in immer extravaganteren Hölzern.
Das Kirschholz des Sekretärs hat eine außergewöhnlich starke Maserung, die besonders gut zur Geltung kommt, da das Furnier über alle Konstruktionselemente hinweg horizontal auffurniert wurde. Seine Form und sein Erscheinungsbild machen diesen Sekretär zu einem typischen Repräsentanten des Biedermeier.
Neben den normalen Spuren des Gebrauchs, wie zerkratzte Schlüsselschilder und abgesprungene Furniere, war der Sekretär stark verrußt. Brandschäden waren nicht zu finden, vielleicht hat er nur in der Nähe eines Kamins gestanden. Eine sanfte Reinigung hat den Schellack regeneriert und dem Holz die warme Bernsteinfarbe zurückgegeben. Deutlichere Zeichen hat hingegen eine Splitterbombe hinterlassen. Zum Glück gab es keine gravierenden Verluste, aber Eisensplitter konnten in das Holz eindringen und haben teilweise im Inneren der Einrichtung kleine zerfetzte Krater hinterlassen. Sie sind ein beeindruckendes Bild Deutscher Geschichte. Im Ablagefach des Aufsatzes und in Decke wurden sie nur konserviert, als Bestandteil einer bewegten Vergangenheit , der entsprechende Achtung gebührt. Auf der Möbelfront wurden sie vorsichtig restauriert, der Substanzverlustdurch eine Stäbchenverleimung wieder aufgebaut mit Kirschholz furniert und poliert.
Glücklicherweise wurde dieser Sekretär gut gepflegt und hin und wieder restauriert. Er überstand die Zeiten starker Benutzung, z.B. in der Langenscheidt´schen Verlagsduckereiund auch danach in der Villa der Familie des Verlegers. Viele Maßnahmen zur Erhaltung vorangegangener Tage waren gut gearbeitet, fest und konnten belassen werden. Andere Ergänzungen im Furnier ließen auf Zeiten des Mangels, wie z.B. nach dem Krieg schließen, da sie in minderwertigen Holz ergänzt waren und teilweise nicht fachgerecht ausgeführt waren. Um dem alten Möbel die ästhetische Ausstrahlung zurückzugeben wurden diese Ergänzungen ersetzt.
Obwohl der Lack stark zerkratzt und beschädigt war, war seine Grundkonstitution so gut, dass er nach der Reinigung zu einem sehr großen Teilregeneriert werden konnte und so erhalten blieb.
Das größte Problem ergab sich aus einer Instabilität des Möbels durch die schwachen Seitenwände aus massiver Kirsche. Das Holz hatte sich verzogen und war dem großen Gewicht der Einrichtungen nicht gewachsen. Leider konnte man kein unsichtbares Stützgestell einbauen. Eine neue Rückwand aus stabiler Mulitplexplatte hat das Gewicht besser verteilt. Dies war sicher der größte Eingriff in den alten gewachsenen Zustand, aber unerlässlich.